Arthur Rimbaud
Jean Nicolas Arthur Rimbaud (* 20. Oktober 1854 in Charleville; † 10. November 1891 in Marseille) war ein französischer Dichter, Abenteurer und Geschäftsmann. Heute gilt er als einer der Großen der französischen Lyrik.
Rimbaud wuchs auf in seinem Geburtsort Charleville an der Maas, nahe der Grenze zu Belgien. Sein aus der Franche-Comté stammender Vater hatte erst mit 38 geheiratet (1853) und hielt sich als aktiver Berufsoffizier meistens fern von der Familie auf. 1861, kurz nach der Geburt eines letzten Kindes, verließ er sie ganz. Die elf Jahre jüngere Mutter, die von einem größeren Bauernhof in Roche in den Ardennen stammte, betrachtete sich hiernach als Witwe und versuchte ihre Kinder, d.h. Rimbaud, seinen ein Jahr älteren Bruder und seine beiden vier bzw. sechs Jahre jüngeren Schwestern, nach ihren konservativ-strengen religiösen und moralischen Grundsätzen zu erziehen.
Er war ein offenkundig hochbegabter Junge und Stolz seiner Mutter, auch wenn er sich, wie er es 1871 rückblickend in dem autobiografischen Gedicht Les poètes de sept ans/ Siebenjährige Dichter sieht, innerlich früh gegen sie aufgelehnt haben will. Ab 1865 besuchte er das Gymnasium seiner Stadt, wo er am Schuljahresende stets mit Preisen ausgezeichnet wurde. Schon in früher Jugend las er viel und fabrizierte Geschichten und Verse; 1868 und 1869 wurden drei lateinische Gedichte von ihm als vorzügliche Schülerleistungen in Lehrerzeitschriften abgedruckt. Sein wohl ältestes erhaltenes franz. Gedicht, das rührselige Les Étrennes des orphelins/ Die Weihnachtsgeschenke der Waisenkinder, erschien in einer gutbürgerlichen Zeitschrift Anfang Januar 1870, ein anderes, das hübsche erotische (nur geträumte?) La première soirée/ Der erste Abend, in einer literarischen Zeitschrift im August.
Um diese Zeit war der frischgebackene junge Lehrer Georges Izambard (1848-1931), der zum Jahreswechsel 1869/1870 vorübergehend nach Charleville abgeordnet worden war, ein Mentor für ihn geworden. Er gewann ihn für seine regime- und kirchenkritische Gesinnung und lieh ihm, da er selber literarisch ambitioniert war, Werke neuerer Autoren, z. B. des notorischen Regimekritikers Victor Hugo (was die Mutter von Rimbaud in einem Brief an ihn rügte). Dessen frühe Gedichte, soweit sie vor allem aus zwei Anfang 1871 von ihm geschriebenen Heften (s.u.) bekannt sind, imitieren denn auch, allerdings bemerkenswert eigenständig, die Spätromantiker sowie die modischen Parnassiens. So ist z. B. das radikalrepublikanische lange Gedicht Le Forgeron/ Der Schmied sichtlich von Hugos politischer Lyrik beeinflusst. Dem Stil und der Bilderwelt des Parnasse verpflichtet ist das ebenfalls sehr lange Soleil et chair/ Sonne und Fleisch, eine Art heidnisches Glaubensbekenntnis. Bemerkenswert sind auch zwei hübsche Pastiches aus diesen Monaten: ein in Sprache und Stil François Villons verfasster fiktiver Brief an König Ludwig XI. und das als Satire gedachte fiktive Tagebuch eines naiv verliebten angehenden Priesters, Un cœur sous une soutane/ Ein Herz unter einer Soutane.
Im damals typischen Gestus junger Dichter hasste Rimbaud die kleinbürgerliche Enge seiner Vaterstadt, was z. B. in dem satirischen Gedicht À la musique/ An die Musik zum Ausdruck kommt, wo er eine mittelmäßige Militärkapelle und ihr spießbürgerliches Publikum verspottet.
Im Mai 1870 versuchte er eine erste Kontaktaufnahme mit Paris. Er schickte dem arrivierten Lyriker und Chef der Parnassiens, Théodore de Banville, mehrere Gedichte, darunter das bekannte Ophélie/ Ophelia, mit der Bitte um Aufnahme in Band II von dessen Anthologie Le Parnasse contemporain (nach der sich anschließend die betreffende Dichtergruppe benannte). Durchaus selbstbewusst kündigte er Banville an, er werde in ein, zwei Jahren sicherlich auch selber in der Hauptstadt präsent sein.