Mary Shelley
Mary Shelley (* 30. August 1797 in London, England; † 1. Februar 1851 ebenda), geborene Mary Godwin, häufig auch als Mary Wollstonecraft Shelley bezeichnet, war eine britische Schriftstellerin des frühen 19. Jahrhunderts. Sie ist als Autorin von Frankenstein oder Der moderne Prometheus (1818), einem der bekanntesten Werke der fantastischen Literatur,[1] in die Literaturgeschichte eingegangen. Zu ihrem Gesamtwerk zählen mehrere Romane, Kurzgeschichten, Theaterstücke, Essays, Gedichte, Rezensionen, Biografien und Reiseerzählungen. Sie gab außerdem das Werk ihres früh verstorbenen Ehemanns Percy Bysshe Shelley heraus. Ihr Vater war der Sozialphilosoph und Begründer des politischen Anarchismus William Godwin. Ihre Mutter war die Schriftstellerin und Feministin Mary Wollstonecraft, die mit Verteidigung der Rechte der Frau (1792) eine der grundlegenden Arbeiten der Frauenrechtsbewegung verfasste.
Mary Godwins Mutter starb kurz nach der Geburt ihrer Tochter. William Godwin zog seine Tochter gemeinsam mit ihrer älteren Halbschwester Fanny Imlay selbst auf. Sie erhielten durch ihn und seine zweite Ehefrau Mary Jane Clairmont eine zwar informelle, aber durchaus umfassende Erziehung, während dieser William Godwin seine Töchter ermutigte, seinen liberalen politischen Theorien zu folgen. 1814 verliebte sich Mary Godwin in den verheirateten Percy Bysshe Shelley, einen Bewunderer der Werke ihrer Mutter und Anhänger der politischen Ideen ihres Vaters. Gemeinsam mit ihrer Stiefschwester Claire Clairmont folgte die erst 16-jährige Mary Godwin Percy B. Shelley auf eine Reise durch Europa. Bei ihrer Rückkehr war Mary Godwin schwanger. Während der nächsten zwei Jahre war das unverheiratete Paar wegen seiner offen unkonventionellen Lebensweise einer gesellschaftlichen Ächtung ausgesetzt.
Den Sommer 1816 verbrachte das Paar gemeinsam mit Lord Byron, John William Polidori und Claire Clairmont am Genfer See. In einer der am häufigsten beschriebenen Episoden der Literaturgeschichte entwarf Mary Godwin dort ihre Idee für ihren Roman Frankenstein. Erst gegen Ende des Jahres 1816, wenige Wochen nach dem Selbstmord von Percy Shelleys erster Ehefrau Harriet, heiratete das Paar. 1818 ließen sich die beiden für längere Zeit in Italien nieder. 1822 ertrank Percy B. Shelley während einer Segeltour im Golf von La Spezia. Ein Jahr später kehrte Mary Shelley mit ihrem letztgeborenen und einzigen überlebenden Kind nach England zurück, wo sie erfolgreich ihre Karriere als Schriftstellerin fortsetzte. Ihr letztes Lebensjahrzehnt war von Krankheiten gezeichnet. Sie starb im Alter von 53 Jahren vermutlich an einem Gehirntumor.
Bis in die 1970er Jahre wurde Mary Shelley vor allem als Nachlassverwalterin ihres Ehemanns sowie als Verfasserin des Romans Frankenstein wahrgenommen. Ihr bekanntestes Werk wird auch knapp zweihundert Jahre nach seiner Erstveröffentlichung noch gelesen und wurde mehrfach für Bühne und Film adaptiert. Die Literaturwissenschaft ist seit den 1970er Jahren zu einer umfassenderen Wertung ihres vielseitigen Werkes gelangt und würdigt heute auch ihre späteren Romane wie den historischen Roman Valperga (1823), Perkin Warbeck (1830), den apokalyptischen Roman The Last Man (1826) und ihre zwei letzten Erzählungen Lodore (1835) und Falkner (1837). Eine genauere Auseinandersetzungen mit ihren weniger bekannten Arbeiten wie dem Reisebericht Rambles in Germany and Italy (1844) und den biografischen Aufsätzen für Dionysius Lardners Cabinet Cyclopaedia (1829–46) zeigt, dass Mary Shelley bis an ihr Lebensende radikale politische Ideen vertrat. In ihren Arbeiten findet sich häufig die Ansicht, dass eine gesellschaftliche Reform durch ein kooperatives und verständnisvolles Verhalten seitens der Frauen angestoßen werden könne. Mit dieser Überzeugung stand sie im Gegensatz zu der individualistischen Romantik, wie sie Percy Shelley vertrat, und den politischen Theorien ihres Vaters, William Godwin.