Stendhal

Stendhal
Stendhal (* 23. Januar 1783 in Grenoble; † 23. März 1842 in Paris; eigentlich Marie-Henri Beyle) war ein französischer Schriftsteller. Stendhal war das älteste von drei Kindern eines bürgerlichen, aber Adelsambitionen hegenden Anwalts am Obersten Gerichtshof (Parlement) der Provinz Dauphiné. Mit sechs verlor er seine Mutter bei der Geburt der jüngsten Schwester, was ihn traumatisierte, und er verargte es seinem Vater zutiefst, als der sich mit der Schwester der Mutter liierte und ihn der „Tyrannei“ eines ungeliebten Hauslehrers aussetzte, eines ehemaligen Geistlichen. Er wurde jedoch sehr gefördert von seinem Großvater mütterlicherseits, dem schöngeistig interessierten Arzt und Voltaire-Verehrer Gagnon, sowie dessen unverheiratet gebliebener Schwester. Während der Zeit der Schreckensherrschaft (Terreur) 1793/94 sympathisierte er aus Trotz gegen seinen royalistisch eingestellten Vater mit den revolutionären Jakobinern und freute sich geradezu, als jener verhaftet wurde und Gefahr lief, guillotiniert zu werden. Von 1796 bis 1799 besuchte er die nach einer Schulreform neu eingerichtete Grenobler École centrale (wo er in Mathematik brillierte) und ging dann aus der ihm verhassten engen Provinzstadt nach Paris, um an der neuen École Polytechnique zu studieren. Er meldete sich aber nicht zur Aufnahmeprüfung (concours), sondern fing an, Theaterstücke und anderes zu schreiben. Bald danach erkrankte er in seinem kargen und kalten möblierten Zimmer und wurde daraufhin von entfernten Cousins, den etwas älteren Brüdern Daru, in ihr Haus aufgenommen. Die Darus gehörten zur näheren Umgebung Napoleon Bonapartes und partizipierten an dessen fulminantem Aufstieg zum Herrscher von ganz Mitteleuropa. Als ihr Verwandter und Protégé profitierte auch Stendhal. Er nahm zunächst als blutjunger Offizier 1800 an Napoleons siegreichem Italienfeldzug teil. Dabei lernte er als Adjutant eines Generals das Land, insbesondere die Stadt Mailand, von der besten Seite kennen und entwickelte sich zum Liebhaber italienischer Kunst, Musik und Lebensart. Allerdings infizierte er sich zugleich in einem Bordell mit Syphilis, deren akutes Stadium ihn 1802 zum Quittieren des Militärdienstes zwang. Vorübergehend halbwegs gesundet, verbrachte er einige Jahre mit befruchtender Lektüre sowie allerlei fruchtlosen literarischen, geschäftlichen und amourösen Experimenten in Grenoble, Marseille und Paris. 1806, inzwischen war wieder Krieg, schloss er sich erneut den Darus an und avancierte zum Kaiserlichen Kriegskommissar und anschließend zum Verwalter der kaiserlichen Domänen im Département Oker des 1807 gegründeten Königreichs Westfalen, einem kurzlebigen französischen Satellitenstaat, der von Napoleons jüngerem Bruder Jérôme Bonaparte regiert wurde. In seinen Zeugnissen aus und über Braunschweig (1806-1808), das Briefe, Tagebücher und Reisebeschreibungen enthält, lieferte er eine amüsante Beschreibung der Braunschweiger Gesellschaft [1] 1810/11 setzte er seine Karriere in Paris fort und wurde für kurze Zeit Chef der Verwaltung der kaiserlichen Liegenschaften (vor allem der Schlösser samt ihren Kunstschätzen). 1812 nahm er an Napoleons Russlandfeldzug teil und kam mit der „Grande Armée“ im September bis Moskau. Den anschließenden, äußerst verlustreichen Rückzug überstand er unbeschadet. 1813 war er kurz Kaiserlicher Intendant in Schlesien. Danach wurde er ein weiteres Mal von der Syphilis eingeholt und nahm 1813/14 einen längeren Urlaub, den er zum Teil in Italien, vor allem in Mailand, verbrachte, der Stadt, die er als jugendlicher Offizier lieben gelernt hatte. Den Zusammenbruch des napoleonischen Kaiserreichs erlebte er in Grenoble. Ob tatsächlich sein Adelsbrief fertig zur Unterschrift auf Napoleons Schreibtisch lag, als jener 1814 besiegt wurde und abdankte, ist ungewiss. Immerhin schmückte er später sein meistgebrauchtes und bekanntestes Pseudonym, „Stendhal“, mit einem adeligen „de“.

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